Am nächsten Tag ging es nach Tamsui. Zunächst wurde erstmal gemütlich ausgeschlafen und dann auf dem Weg zur Taipei Central Station noch schnell bei 7-Eleven ein Käse-Schinken Sandwich zum Frühstück mitgenommen. Das war schon früher zu Asienzeiten immer die letzte Rettung, falls sonst nichts ging, da die meisten 7-Eleven ganz logischerweise twentyfour-7 geöffnet sind. Direkt auf dem Weg zur Central Station, bei etwas kühleren 24°C und bewölkten Himmel, genüsslich verspeist, bin ich gestärkt und mit vollem Magen am Bahnhof angekommen. Im Bahnhof und Bahn verhält es sich nämlich wie in Singapore, das Essen und Trinken verboten ist. Taiwanesen – oder zumindest Taipei-Taiwanesen – sind hierbei überaus folgsam, auch an roten Fußgängerampeln, selbst bei Einbahnstraßen und ohne jeglichen Verkehr, wird gewartet. Hier sind es allerdings netterweise $500NT statt $500SGP Strafe bei einem Vergehen, das entspricht ca. 15€ respektiv 350€. Also noch schnell ein Ticket kaufen und auf geht es nach Tamsui, das wiederum in Neu-Taipei liegt.
Am Ticketschalter bin ich von drei Tatsachen dann doch überrascht.
Erstens, haben auch die hiesigen Städteplaner ein Kölsches Verständnis der Straßenbahn und leben ganz dem Motto des Karneval-Dauerbrenner „Heute fährt die 18 bis nach Istanbul“ (Die Linie 18 verkehrt zwischen Köln und Bonn). Folglich gibt es eine durchgängige Linie von Taipei nach Tamsui, die über 1 Stunde Fahrzeit hat und ca. 30km abfährt. Einmal dürft ihr raten, die 18 fährt eine Strecke von ca. 30km ab! Alaaf!
Im Gegensatz zu Kölns Verkehrssystem ist es hier allerdings deutlich günstiger, wie auch in anderen asiatischen Städten, und so fallen gerade mal $45 NT also umgerechnet 1,30€ an Gebühren für die gesamte Strecke an.
Die nächste Überraschung folgte direkt am Bahnsteig. Die Taiwanesen sind nämlich noch einen Schritt weitergegangen und haben nicht nur das sehr erfolgreiche automatische (und Lokführerlose) Fahrsystem aus Singapore kopiert sowie die Glaswände mit Türen zum Bahnsteig hin. Zusätzlich wurden Anstellschlangen eingezeichnet, sodass sich vor jeder Tür links in zwei Reihen angestellt wird und die aussteigenden Gäste wiederum auf der rechten Seite austreten können. Wie bereits bei der Ampel, funktioniert dieses Prinzip hier problemlos und die Ein- und Ausstiegszeit beträgt selbst an der Central Station nicht mehr wie 30 Sekunden und das trotz großem Andrang.
Drittens, die Ticketmaschine ist das erste System, das ich hier sehe, bei dem keine Kartenzahlung möglich ist… Bei einem Fahrpreis von $45 NT und meinem kleinsten Schein von $1000 NT (28€), bedeutet das im Umkehrschluss einen ganzen Weihnachtsjutesack voller Münzgeld. Da ich bereits mit einem 70L Backpack sowie dem vollgepackten Tagesrucksack unterwegs bin, erspare ich mir heute trotz nahenden Advent die Weihnachtsaktion. Also erstmal schnell zu 7-Eleven und im Austausch für eine Coke Light das Geld wechseln lassen.
Die Bahnfahrt verläuft recht unspektakulär und pünktlich. In Tamsui angekommen dann aber leider eine negative Überraschung, hier regnet es in Strömen. Durch Glück konnte ich noch einen Sitzplatz in der Wartehalle ergattern und habe die nächsten 1,5h Stunden dem Regenschauer aus meiner geschützten Position beim lauten Plätschern zugehört. Blöderweise saß ich allerdings direkt vor dem Mr. Donut Laden… 1h lang bin ich extrem standhaft geblieben und dann haben sich sehr zu meiner Verwunderung 3 Donuts in eine Tüte in meiner Hand verirrt. Aber was soll man machen, Essen wegschmeißen geht ja nun wirklich nicht. Zumindest an der Anzahl kann man mir nur verminderte Schuld zusprechen, finde ich. Ich hatte die vage Hoffnung, dass zumindest die Zahlen in Mandarin und Kantonesisch ähnlich bis gleich sein und habe nach besten Wissen und Gewissen 1 Schoko und 1 Erdbeerdonut bestellt. Kleines Problem, wie ich mittlerweile weiß, ist, dass auf Mandarin (so wie ich es bestellt habe) 1 mit Yi übersetzt wird und im kantonesischen mit jat. Die 2 auf kantonesisch wiederum heißt ji… ich vermute ihr seht das Problem. 😅
Für den Schokodonut bin ich dann doch lieber wieder auf Zeichensprache umgestiegen und das lief problemlos.
Als der Regen nachließ, bin ich im Nieselwetter zum Hotel gegangen. Hier in Tamsui gibt es noch richtig coole, kleine, schmale und verruchte Gässchen mit einer Vielzahl an Läden und einem geschäftigen Trudel. Genau in so einer Gasse liegt unser Hotel 😎


Leider nimmt der Regen wieder zu, was besonders ärgerlich ist, da ich eigentlich das Fort San Domingo der Spanier besichtigen wollte. So allerdings bleibe ich erstmal lieber auf dem Zimmer. Isa hingegen lässt sich nicht vom Regen abhalten und besichtigt den Bau der Brücke Danjiang, einer neuen Schrägseilbrücke in Tamsui. Diese zeichnet sich insbesondere durch ihr cooles Design aus, dass zwei betenden Hände darstellen soll, die den heiligen Berg gegenüber anbeten. Zudem scheint sie die längste einhüftige Schrägseilbrücke der Welt zu sein (bedeutet nur ein Pylon).
In der Zwischenzeit telefoniere ich mit Mama und Papa und ruhe mich etwas aus, in der Hoffnung, dass der Regen etwas nachlässt. Hoffnungsvoll verlasse ich das Hotel eine Stunde später, aber bereits nach 5 Minuten fängt es erneut an zu regnen. Da ich keine Lust habe den Besuch des Forts weiter hinauszuzögern, hole ich mir ein Uber und fahre zum Fort.
Das Fort San Domingo wurde erstmal von den Spaniern in 1628 erbaut und auf Grund ökonomischer Schwierigkeiten wieder abgebaut. Diesen Sachverhalt nutzen die Niederländer und Übernahme im Battle of San Salvador 1642 kurzerhand die Insel und bauten das Fort wieder auf. Wie ihr im Bild unten sehen könnt, gab es insgesamt 9 verschiedene Besatzmächte, die Kontrolle über die Insel hatten. Das Fort entspricht sonst sehr einer britischen Architektur und Einrichtung, gemäß ihren nächsten Eigentümern, und ist für Europäer deshalb ansonsten relativ unspektakulär.
Im Anschluss streife ich noch etwas am Fluss entlang bevor es abends zum Essen geht.

Dieses Mal treffen wir uns in größere Runde und zwei Taiwanesische sowie ein deutscher Ingenieur von der lokalen Brückenbaustelle sind mit dabei. Es wird eine sehr lustige Runde mit leckerem Essen, bestehend aus einer absolut wilden Kombi aus chinesischem Hot und Korean BBQ, und viel Bier. Auch Isa ist sehr glücklich nach ihrem Brückenbesuch sowie natürlich dem Umstand bemessen, dass es wieder eine Eisbar gibt. Dieses Mal werden es auch nur übersichtliche 10 Kugeln Eis, da kann man schon fast nicht mehr von einem Dessert sprechen, ist ja mehr für den hohlen Zahn! 😇😆 Passend zu der chinesischen und koreanischen Kombi habe ich mir japanisches Kirimochi gegönnt :D. Wieder absolut aus dem Laden herausrollend schaffen wir es bis zum Hotel und noch gerade so bis ins Bett!
Am nächsten Tag schauen werden wir uns noch weiter Tamsui ansehen und dann am Nachmittag weiter nach Jiufen fahren.
(PS: Ich bin gerade einen Tag im Rückstand und probiere das morgen Abend wieder aufzuholen.)
Liebe Grüße nach Deutschland!
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