Am ersten Morgen in Alishan County durchfluten die Sonnenstrahlen direkt bei Sonnenaufgang unser Zimmer und ich werde von den warmen Lichtstrahlen im Gesicht geweckt. Erst jetzt bemerke ich, was für eine grandiose Aussicht unser Zimmer bietet, da diese bei Nacht nicht erkennbar war. Dementsprechend gehen wir den Morgen gemütlich an, stehen langsam auf und gehen Frühstücken. Auch danach genießen wir noch etwas die Aussicht, bevor es wirklich losgeht.
Hier, auf dem absolut platten Land, sehen Supermärkte dann übrigens wieder deutlich mehr so aus, wie es früher auch in China der Fall war, und es handelt sich mehr um größere, offene Straßenverkäufe. Dies steht natürlich ganz im Kontrast zu dem immer noch top modernen Supermarkt in der ländlichen Region von Taichung aus dem vorherigen Blogpost. Wie sehr wir auf dem Land sind, man könnte getrost auch sagen ADW, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt an diesem Tag noch erfahren.

Den ersten Strich durch die weitere Planung des Tages setzt das lokale Bussystem. Ausnahmsweise wissen wir mal zielgerichtet, wo sich die korrekte Bushaltestelle befindet. Leider fährt auf Grund des gemütlichen Morgens der entsprechende Bus jetzt nicht mehr regelmäßig und mit dem nächsten Bus nach Fenqihu, unserem eigentlichen Ziel, würden wir den restlichen Tagesplan nicht mehr schaffen. Also kurz umgeplant und schon mal provisorisch den nächsten Bus Richtung Gipfel genommen. Unterwegs steigen wir in Shizhao aus, da sich dort mehrere Wanderpfade aneinanderreihen, die sich sowohl durch Bambuswälder, als auch Teeplantage den Weg ebnen, was sich für uns hervorragend anhört. Den Weg „ebnen“ ist die zweite große Fehlannahme des Tages, wie sich später ebenfalls noch herausstellen wird. Wir haben an diesem Tag also definitiv steile Lernkurven, was kann man sich noch schöneres Wünschen bei einer kulturellen Reise durch ein anderes Land?
Schnell finden wir den richtigen Eingang für die Wanderwege und unser Aufstieg beginnt. Der Weg führt uns direkt bei leicht bewölkten Himmel und 26°C durch die Teeplantagen, die ähnlich wie im Weinbaugebiet an steilen Hängen gebaut werden, hier in Alishan halt nur im Gebirge bei luftigen >1500m Höhe. Die Wege sind dementsprechend steil und mühsam im Aufstieg, lohnen sich auf Grund des herrlichen Ausblicks aber wirklich. Tatsächlich wachsen auch noch Bananen auf dieser Höhe und wir haben sogar eine vor uns. Genaugenommen eine Kochbanane incl. voller Bananenblüte (lila). Diese wird hier in Asien ebenfalls gegessen und kann wie ein Gemüse zubereitet werden. Geschmacklich finde ich sie relativ neutral wie eine Zucchini, nur etwas bitterer.
Kurze Zeit später erreichen wir den Bambuswald, mittlerweile hat es leicht angefangen zu nieseln und Isa hat wieder den altbekannten, gelben Regenschirm ausgepackt. Wir setzen unseren Weg durch die wirklich beeindruckenden Bambusstämme, die uns von allen Seiten um 5,6 oder gar 7m überragen, fort.
Am Ende der Strecke erreichen wir den Gipfel dieses Berges und der Weg geht über in die Cloud Trail. Dieser heißt so, da der Weg häufig im Nebel liegt. Davon sehen wir trotz des trüben Wetter nichts, aber nichtsdestotrotz ist dies unserer Meinung nach der schönste Abschnitt, denn er führt über moosbewachsene Treppen, durch Zedernwälder mit ihrem charakteristischen Duft, wodurch eine einzigartige und filmreife Atmosphäre entsteht. Wir waren beide ganz beeindruckt und haben viele Bilder gemacht.
Am Ende des Weges angekommen, ging es über ein kurzes Teilstück Straße in den nächsten Trail hinein. Das ist zwar kein sonderlich schöner Weg, aber wir kommen an schönen und farbenprächtigen Blumen und ihren Blüten vorbei sowie, mal wieder, an Teefeldern. Wie wir gestern bereits gelernt haben, sind es alles die gleichen Teepflanzen „Camellia Sinensis“.
Der nächste Trail heißt Sunrise Trail. Gut, für den Sonnenaufgang sind wir etwas zu spät, aber eine gute Aussicht sollte man ja trotzdem haben. Wieder geht es über steile Treppen den Berg hinauf und mitten durch ein weiteres Teefeld. Die Oberschenkel machen sich auf Grund der vielen Anstiege langsam bemerkbar und umso beeindruckender ist es, dass die gesamte Teeplantage Handarbeit ist und die Arbeiter zusätzlich die ganzen Höhenmeter zurücklegen müssen. Zwischen den einzelnen Ebenen der Felder haben sie sich Holztreppen gebaut, um nicht die Wand hochklettern oder auf den Hauptweg zurückgehen zu müssen. Der Ausblick von oben hat sich leider gar nicht gelohnt und so war dieser Trail mehr ein forderndes Workout als ein wirkliches Highlight.
Unten auf der Straße wieder angekommen entdeck Isa sehr zu meiner Freude ein Eisschild. Wir folgen diesem und entdecken nach einer Kurve einen kleinen Tante-Emma-Laden, quasi in einer Gartenlaube, in dem ein alter Herr sitzt, Fernsehen schaut und nebenbei Tee sowie eben Eis verkauft. Ich hole mir ein Taro Eis am Stiel, das liebevoll mit Muster hergestellt und individuell eingepackt wurde. Schmecken tut es genauso gut, wie es aussieht und mein Herz schlägt eine Runde höher.
Wir folgen dem restlichen Weg zurück, der ebenfalls kein sonderliches Highlight ist und begeben uns zurück zur Bushaltestelle. Dort warten wir auf den Bus, der uns zum nächsten Trail, den Eryanping Trail, bringt. Von dessen Gipfel soll es einen beeindruckenden Sonnenuntergang geben, was wir gerne selber mit eigenen Augen sehen möchten. Interessanterweise ist es genau der Trail, bei dem wir gestern ausgestiegen sind, für unsere Unterkunft. Das heißt, die gestrigen Fotos, sind vom unteren Ende des Trails. Wir steigen in den Trail ein und beginnen, mal wieder heute, mit dem Aufstieg. Und direkt von den ersten Metern an geht es mit Treppen los. Etwas, das ich schon zuvor bei der Wanderung in Jiufen geschrieben habe, setzt sich hier fort. Alle Trails und insbesondere dieser bestehen zu einem großen Teil aus Treppenstufen. Dementsprechend kann man nicht von Weg ebnen sprechen, denn hiervon wird offensichtlich wenig gehalten und das Treppensteigen als die natürlichere Variante betrachtet. Spätestens nach den nächsten 200 Treppenstufen kann ich absolut keine Treppen mehr sehen. Ich bin zwischenzeitlich sogar froh, dass ich damals keine Maisonette Wohnung in Köln gefunden habe, die ich damals eigentlich immer wollte, dann müsste ich zu Hause ja schon wieder Treppen sehen…. Nach weiteren kurzen 1227 (!!!) Stufen haben wir den Gipfel erreicht und zumindest die Aussieht entschädigt für den ganzen Aufwand. Es ist der mit Abstand beeindruckendste Blick, den wir hier bisher hatten und einfach wunderschön. Unter uns erstreckt sich eine Wolkendecke, die hier Sea of Clouds genannt wird, und sich zwischen den Bergen hindurchschlängelt. Leider gibt es über uns noch eine weitere Wolkendecke, die uns aktuell den Blick auf die Sonne vernebelt.
Da wir aber frühzeitig aufgestiegen sind, haben wir noch eine ganze Stunde Zeit bist zum Sonnenuntergang. Die anderen Schaulustigen platzieren sich ebenfalls, Stative sind bereits aufgebaut und wir hoffen, dass die Wolkendecke über uns bis dahin aufklart. Wir nutzen die Zeit dafür, diese traumhafte Aussicht auf die Berge zu genießen. Der Wind hier oben ist wieder relativ stark, weshalb wir unsere Jacken anziehen, da uns während dem Warten etwas kalt wird. Knapp 60 Minuten später ist es dann soweit und der Sonnenuntergang bzw. die Twilight Zone, setzt ein. Die Wolkendecke über uns hat sich leider nicht verzogen, aber man kann auch nicht immer alles haben. Der Anblick ist dennoch wunderschön und wir genießen ihn bis zum allerletzten Lichtstrahl. Nun völlig dunkel, setzen wir unsere Stirnlampen auf und beginnen mit dem Abstieg.

Unten im Tal und am Hotel angekommen, gehen wir erstmal duschen und anschließend in das Haupthaus der Unterkunft. Dort hatten uns die ausschließlich Mandarin sprechenden Besitzer zu einer Teezeremonie eingeladen. Die Besitzer bauen selbst Tee an und möchten uns diesen gerne einmal vorführen. Es sind vor allem viele verschiedene Sorten des Oolong Tees sowie ein reiner schwarzer Tee. Zusätzlich gibt uns der Sohn der Inhaber noch ein paar nützliche Tipps für Alishan bevor wir ca. 1 Stunde später aufbrechen, um etwas essen zu gehen.
Und genau hier kommt uns der dritte Strich am heutigen Tag durch unsere Planung. Denn trotz des höheren touristischen Aufkommens in dieser Region, gibt es hier absolut keine Restaurants bis auf einen einzigen Hotpot Laden. Alle anderen auf Google eingezeichneten Restaurants gab es quasi nicht, wie wir festgestellt haben, da wir alle abgelaufen sind. Etwas entnervt von der Suche kehren wir um 19 Uhr zu dem Hotpot Laden zurück, der bis 20:30 geöffnet haben soll. Aber nö, die hatten bereits letzte Runde und möchten heute scheinbar früher Feierabend machen. Damit ist auch das letzte und einzige Restaurant gestorben. Letzte Möglichkeit ist, wie üblich, der 24/7 geöffnete 7/11. Alle Sandwiches sind bereits aufgekauft, ebenso die gedämpften Sachen. Die anderen Touris haben hier offensichtlich einen Erfahrungsvorsprung 🤯. Isa nimmt sich Instant Noodles sowie mit Schnittlauch gefüllte tiefgekühlte Pancakes. Ich laufe 15 Minuten durch den 10m² großen Laden. Außer dem Eis spricht mich so rein gar nichts an. In böser Vorahnung nehme ich 2 verschiedene Instant Noodles, vakuumierte und eingelegte, weichgekochte Eier sowie ein Tonkatsu-Curry (Japanisches Schnitzel) zum Aufwärmen mit. Das Tonkatsu bekomme ich noch verzehrt, aber die Instant Noodles sind eine reine Zumutung. Isa bestätigt netterweise, dass ich einfach zu wählerisch sei, was das Essen angeht. Die Nudeln würden schon passen. Entnervt hole ich mir zwei Eis und wir gehen zurück ins Hotel und legen uns früh ins Bett. Denn morgen müssen wir bereits um 8:30 den Bus Richtung Alishan nehmen, da wir eine Bergbesteigung auf den Tashan machen wollen und deshalb ausreichend Zeit einplanen.
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