Heute geht es zum Kolosseum, einem der wohl berühmtesten Bauwerke der Welt. Vielleicht sogar nur noch übertroffen von der großen Chinesischen Mauer, den Pyramiden und dem Eiffelturm? Auf jeden Fall ist es das berühmteste Amphitheater der Welt!
as Kolosseum in Rom ist nicht nur ein beeindruckendes Bauwerk, sondern für mich auch ein wahres Portal in die Antike. Warum? Die Kombination aus der immensen Größe mit dem Baustil scheinen so aus der Zeit gefallen zu sein, dass man sich direkt zurückversetzt fühlt. Denn das ovale Kolosseum mit seinen 50m Höhe und einer Grundfläche von 188m x 156m ist riesig und wirkt mit seinen Travertin und Tuffsteinblöcken sehr ungewöhnlich in der heutigen Zeit. Zudem ist die etwas rudimentärer Bautechnik zu erkennen, bei den riesigen Steinblöcken mit Metallklammern zusammengehalten werden. Es ist für mich ähnlich beeindruckend wie die Chinesische Mauer, die ebenfalls einen derartigen Wow-Effekt und Staunen bei mir hervorgerufen hat.

Gebaut wurde es übrigens in nur 8 Jahren von 72 n. Chr. bis 80 n. Chr. von bis zu 100.000 Arbeitern. Die Chinesische Mauer als Vergleich würde über Jahrtausende erbaut, mit den letzten Teilen um 1600, sodass diese teilweise älter und teilweise neuer als das Kolosseum ist.
Nun heißt es tief durchatmen, eintreten und vorstellen: Hier kämpften vor fast 2000 Jahren Gladiatoren um Leben und Tod! Mit seinen 50.000 Zuschauerplätzen war es damals das größte Amphitheater überhaupt. Aber wusstet ihr, dass es ein ausgeklügeltes Aufzugsystem gab, mit dem wilde Tiere direkt in die Arena befördert wurden? Oder, dass es sogar schon ein Sonnensegel zum Schattenspenden nutzte? Das Kolosseum steckt voller faszinierender Geheimnisse, die darauf warten, entdeckt zu werden. Also, seid bereit für eine Zeitreise ins antike Rom.
Spiele und Brot – Politisches Kalkül mit Hightech!
ber wie kam es überhaupt zum Bau eines derart großen Amphitheaters? Das lag an Kaiser Vespasian oder vielleicht noch genau, an seinem Vorgänger Kaiser Nero, der bei seinem Volk nicht sonderlich beliebt war.
Daher hatte Vespasian 72 n.Chr. die Idee, auf dem Gelände von Neros dekadentem Komplex “Domus Aurea” ein Amphitheater für das Volk entstehen zu lassen! Schließlich wollte er sich nach den chaotischen Jahren unter Nero wieder beim römischen Volk beliebt machen.
Der Bauplatz war dabei sehr symbolträchtig gewählt. Nero hatte sich nämlich mitten in Rom einen riesigen Palastkomplex mit eigenem Parkgelände geleistet, inklusive eines künstlichen Sees namens “Stagnum Neronis”. Diesen privaten Badesee im Zentrum der Stadt ließ Vespasian trockenlegen, um dort das Kolosseum zu errichten, natürlich unter der Prämisse “Wo sich Nero selbst vergnügt hat, soll jetzt das Volk Spaß haben!”
Erstmal mussten aber 100.000 Kubikmeter Erde bewegt werden sowie der Travertin-Kalkstein aus Tivoli hergeschafft werden – alles beste italienische Qualität. 8 Jahre später war das Kolosseum fertiggestellt und sein Sohn Titus weihte das Kolosseum 80 n.Chr. mit 100-tägigen Spielen ein, denn Vespasian war bereits gestorben.
Besonders beeindruckt war ich wiederum von der im Kolosseum verbauten Technik, die – so könnte ich mir vorstellen – für die damalige Zeit schon recht revolutionär war.
Fundament & Konstruktion: Das Fundament wurde 13 Meter tief in den ehemaligen Seegrund gesetzt. Die Römer nutzten anschließend ihr Opus caementicium (auch Gussmauerwerk oder römischer Beton genannt), der unter Wasser aushärten konnte! Die Außenwände bestehen aus drei verschiedenen Materialien: Travertin für die Fassade, Tuffstein für die mittleren Bereiche und Ziegel mit Mörtel innen.
Wassertechnik: In den ersten Jahren, als der Untergrund noch nicht ausgebaut war, konnte das Kolosseum für Seeschlachten über ein ausgeklügeltes Aquädukt-System geflutet werden. Wasserdichte Abdichtung, Zu- und Abflüsse, das hat alles funktioniert.
Zuschauer-Management: Ein Nummerierungssystem für 50.000 Plätze, 80 Eingänge für optimalen Besucherstrom und sogar ein Belüftungssystem durch die Arkaden. Arenamanagement bereits vor 2000 Jahren!
Das Hypogeum – Unterirdische Anlage: Unter der Arena lag ein zweistöckiges Labyrinth aus Gängen, Aufzügen und Falltüren. 80 vertikale Schächte mit Flaschenzug-Systemen beförderten Gladiatoren, wilde Tiere und sogar ganze Bühnenbilder nach oben. Stellt euch vor: Plötzlich springt ein Löwe aus dem Boden aus einer der Vielzahl an Löcher – pure Überraschung für die Zuschauer! Dieses ist auch auf den Bildern sehr gut zu erkennen, da die Hauptebene der eigentlichen Arena größtenteils eingestürzt ist.
Velarium – die moderne Dachtechnik: Das Sonnensegel-System war ein Wunderwerk der Mechanik! 240 Holzmasten, unzählige Seile und Rollen – bedient von 1000 Matrosen der römischen Flotte. Je nach Windrichtung und Sonnenstand konnten verschiedene Segmente geöffnet oder geschlossen werden. Dies spendete nicht nur Schatten, denn ausgeklügelte Gänge sorgte ebenfalls für Windzug, der die kalte Luft aus dem Inneren auf die Ränge befördern sollte.
Spiele und Brot –
m Kolosseum tobten 50.000 Menschen und das alles kostenlos. Allerdings war das natürlich nicht jeden Tag so. Große Spiele fanden nur zu besonderen Anlässen statt – Kaiserjubiläen, Siege im Krieg, religiöse Feste oder wenn ein neuer Kaiser sich beim Volk beliebt machen wollte. Diese dauerten dann aber richtig lange: 100 Tage bei der Eröffnung unter Titus oder 123 Tage unter Kaiser Trajan. Kleinere Veranstaltungen gab es vielleicht ein paar Mal im Monat. An normalen Tagen war das Kolosseum oft leer. Verständlich, denn ein einziger Gladiatorenkampf kostete so viel, wie ein Arbeiter in mehreren Jahren verdiente!
“Panem et circenses” – Brot und Spiele! Die Kaiser wussten: Ein sattes und unterhaltsames Volk rebelliert nicht. Der kostenlose Eintritt war politisches Kalkül – quasi antikes Sponsoring für Stimmen und Loyalität.
Auch wenn der Eintritt kostenlos war, so hatte nicht jede Person Zugang zu allen Bereichen. Diese waren streng nach gesellschaftlicher Ordnung strukturiert. In der ersten Kategorie, dem Podium, saßen Senatoren und hohe Beamte. Die zweite Kategorie konnten Ritter und reiche Bürger betreten sowie der dritte Bereich von allen Männern. Ganz oben im Stadion durften Frauen, Arme und Sklaven Platz nehmen. Den Überblick haben die Kontrolleure behalten, indem jeder eine Tonscherbe oder beschriftetes Täfelchen mit Platznummer bekam. Es gab also nicht nur Arenamanagement, sondern auch schon Ticketing in der Antike.
Die Gladiatorenkämpfe waren der Hauptact! Aber nicht so brutal wie Hollywood zeigt. Die meisten Kämpfe endeten nicht tödlich – gut trainierte Gladiatoren waren teuer! Es gab verschiedene Typen: Retiarius mit Netz und Dreizack, Secutor mit Schild und Schwert, oder Thraex mit gebogenem Säbel. Jeder hatte seine Fangruppe – wie heutige Fußballvereine!
Tierhetzen (Venationes) fanden meist morgens statt. Exotische Tiere aus dem ganzen Reich: Löwen, Tiger, Elefanten, Nashörner, sogar Giraffen! Manchmal kämpften Jäger gegen die Tiere, manchmal wurden Tiere gegeneinander gehetzt.
Hinrichtungen gab es mittags – oft als mythologische Schauspiele inszeniert. Verurteilte spielten Figuren aus griechischen Sagen und starben dann “echt” – dunkles Theater!
Theateraufführungen gab es tatsächlich! Allerdings eher selten und meist als Teil größerer Spektakel. Pantomimen, Komödien und sogar mythologische Dramen – aber immer mit dem gewissen Extra an Action.
Der typische Showtag: Morgens Tierhetzen, mittags Hinrichtungen, nachmittags die großen Gladiatorenkämpfe. Zwischendurch gab’s kostenlose Snacks – schließlich sollte das Volk bei Laune bleiben!
Spiele im Bautechnik und Bauzeit
Der Zerfall durch die Christianisierung und das neue Wohnviertel im Kolosseum
Das Ende der großen Gladiatorenspiele kam schleichend. Denn damit verbunden war ein echter kultureller Wandel vom religiösen Pluralismus zum Christentum. Rom war nämlich keineswegs schon römisch-katholisch zu diesem Zeitpunkt!
Ganz im Gegenteil, in Rom herrschte religiöser Pluralismus: Die Römer verehrten ihre traditionellen Götter (Jupiter, Mars, Neptun usw.), eroberte Völker durften ihre Götter behalten, Mysterienkulte wie Mithras oder der Isis- Orsiriskult blühten, und der Kaiserkult sorgte für politische Loyalität. Jeder konnte glauben, was er wollte, solange er die staatlichen Rituale mitmachte!
Erst 313 n.Chr. wurde das Christentum von Kaiser Konstantin erlaubt. Aber Moment, wieso erlaubt, es herrschte doch Pluralität? Das ist richtig, das Problem lag viel mehr in der Weltanschauung der Christen verankert und deren Abneigung des römischen Toleranzsystems. Während alle anderen Religionen friedlich nebeneinander existierten, weigerten sich die Christen, an den staatlichen Ritualen teilzunehmen und die Götter anderer Religionen zu akzeptieren. Sie verweigerten Opfer für die Kaiser, was wiederum als Hochverrat galt. Deshalb wird der Erlass von Konstantin auch als Toleranzedikt bezeichnet und stellte ein Wendepunkt in der Entwicklung von Rom dar.
Schließlich, im Jahre 380 n.Chr., war das Chaos komplett, denn Theodosius machte das Christentum zur Staatsreligion und diese beanspruchte Exklusivität – “nur ein Gott, keine anderen!” Das passte so gar nicht in das kulturelle Weltbild der Römer und ihre pluralistischee Mentalität oder wie der Kölsche sagen würde “Jeder Jeck ist anders”. Sehr sympatisch die Römer der damaligen Zeit. Die christliche Kirche predigte gegen die blutigen Spiele, aber die waren einfach zu populär!
Deshalb dauerte es nochmal 55 Jahre bis die Gladiatorenkämpfe endgültig verboten wurden. Tierhetzen gab es noch bis ins 6. Jahrhundert – dann war Schluss mit der alten römischen Unterhaltung.
Nach dem Ende der Tierkämpfe stand das Kolosseum erstmal größtenteils leer. Rom war nicht mehr Hauptstadt des Reiches, die Bevölkerung schrumpfte dramatisch, und niemand hatte Geld für die Instandhaltung so eines Riesengebäudes. Die Stadt verfiel zusehends – aus einer Millionenstadt wurde ein Dorf mit vielleicht 50.000 Einwohner. Die systematische Besiedlung mit Werkstätten und der Frangipane-Festung kam dann erst im 11./12. Jahrhundert. Die ersten neuen Nutzer kamen wahrscheinlich schon im 7./8. Jahrhundert – arme Römer, die einfach Unterschlupf suchte
Der große Verfall: Mehrere schwere Erdbeben (847 und 1231 n.Chr.) ließen Teile der Südfassade einstürzen. Aber anstatt zu reparieren, nutzten die Römer das Kolosseum als Steinbruch! Jahrhundertelang wurden Travertinblöcke abgebaut für neue Kirchen und Paläste – ziemlich pragmatisch, aber schade ums Weltwunder.
Mittelalterliche Zweckentfremdung: Das war dann richtig wild! Die Arena wurde zum Wohnviertel – Handwerker, Schmiede und sogar Adelige bauten sich Häuser in die Ruine. Zeitweise gab es dort eine Festung, Werkstätten, Ställe und sogar einen Friedhof! Eine christliche Kapelle kam auch noch dazu.
Denn es war innen kühl!
Adelige bauten sich noble Residenzen in die Arkaden – quasi Luxus-Lofts in 2000 Jahre alten Ruinen
In der Arena selbst: Die ehemalige Kampffläche wurde zu einem richtigen Wohnviertel! Stellt euch vor: Wo früher Gladiatoren kämpften, standen jetzt kleine Häuser, Werkstätten und Ställe. Die Bewohner nutzten die alten Mauern als Fundamente und bauten einfach drauf los.
In den Arkaden und Gängen: Die ursprünglich für Zuschauer gedachten Bereiche wurden zu Geschäften und Werkstätten umfunktioniert. Schmiede, Gerber, Töpfer – alle möglichen Handwerker richteten sich in den alten Bögen ein. Perfekte Räume mit solidem Dach!
Das Hypogeum (Untergeschoss): Sogar die unterirdischen Gladiatoren-Bereiche wurden genutzt – als Lager, Ställe oder Wohnkeller. Wo früher wilde Tiere warteten, lagerten jetzt Vorräte oder lebten arme Familien.
Besonders dreist wurde es im 12. Jahrhundert, als die mächtige Frangipane-Familie das Kolosseum kurzerhand zu ihrer Privatfestung umbaute. Sie kontrollierten damit einen strategisch wichtigen Punkt in Rom und ließen alle anderen Bewohner für sich arbeiten. Sogar die unterirdischen Bereiche, wo früher wilde Tiere auf ihren Auftritt gewartet hatten, wurden als Ställe und Lagerräume genutzt.
Die Festung umfasste 11 Arkaden auf der ersten und zweiten Ebene an der Nordostseite des Kolosseums und ermöglichte so eine maximale Sicht über ein Gebiet, das sich vom Velianischen Bergrücken bis zum Caelius-Hügel erstreckte. Sie bestand aus einem Wehrturm am ursprünglichen Osteingang des Amphitheaters und einem Wehrgang entlang der Südseite.
Die wohl skurrilste Verwendung kam später: Das ehrwürdige Amphitheater wurde zur Salpeter-Fabrik für Schießpulver umfunktioniert. Aus dem Ort der Unterhaltung war eine Munitionsfabrik geworden – Geschichte kann schon ziemlich ironisch sein!
Die Wiederentdeckung: Erst im 18./19. Jahrhundert erkannten die Römer wieder den Wert ihrer Ruine. Papst Pius IX. erklärte sie zur heiligen Stätte (wegen der christlichen Märtyrer), und langsam begannen erste Restaurierungen.
Heute: 6 Millionen Besucher jährlich! Das Kolosseum ist UNESCO-Welterbe, eines der “Neuen 7 Weltwunder” und Roms Touristenattraktion Nr. 1. Moderne Technik macht Führungen durch das Hypogeum möglich, und sogar Konzerte finden dort statt.
Von der Ruine zum Weltwunder – ziemlich beeindruckende Karriere für ein 2000 Jahre altes Gebäude




Leave a reply