An diesem Morgen stehen wir früh auf. Noch früher als gestern berichtet, da wir den Bus um 7:30 nehmen wollen und nicht, wie zuvor gesagt, um 8:30. Wir stehen also etwas übermüdet um 7 Uhr an der Bushaltestation, da die Busse hier in der Region so plus minus 15 kommen, basierend auf Verkehr und den Fahrer. Es gibt zwar eine App, die die genaue Ankunftszeit ansagt, aber die ist nur auf Mandarin. Zudem wollte Isa noch um 7 Uhr etwas frühstücken, da bei der Unterkunft von 7 bis 9 Uhr Frühstück enthalten ist. Das entspricht, wie ich erwartet habe, asiatischer Zeitvorstellung und um 7 Uhr ist der Frühstücksraum zu und noch niemand dort. Also geht es ohne Frühstück weiter.
Von unserer Unterkunft, die direkt vor der Bushaltestation liegt, bis zum Parkeingang von Alishan Park sind es noch 60 Minuten Busfahrt. Zumindest bei der sportlichen Fahrweise unseres heutigen Fahrers. Die Kunst besteht darin, nach den 60 Minuten ohne Schleudertrauma das Ziel zu erreichen. Das haben wir schon mal geschafft und machen uns auf in den Park. Sowohl das Internet als auch der Besitzer der Unterkunft hat uns erzählt, wie voll Alishan ist und dass man lieber abseits Routen wandern sollte. Entweder wir haben einen sehr glücklichen Zeitraum gewählt oder die Bedeutung von voll ist hier eine andere wie im sonstigen Großteil von Asien. Wir treffen immer wieder vereinzelt Menschen, aber auf unserem Haupttrail waren es vllt. 25-30 über die gesamte Laufstrecke, und das, obwohl es sich nicht um einen Rundgang handelt und man den gleichen Weg wieder zurückgehen muss.
Direkt am Anfang kommen wir an der Zugstation von der Forest Railway vorbei, mit der wir morgen zurück nach Chiayi fahren. Darauf freue ich mich schon sehr, handelt es sich dabei doch um eine richtige alte Lok und Waggons aus den 30ern. Auch auf den Gleisen sehen wir eine alte, nicht mehr genutzte Dampflok.
Der Einstieg in unseren Trail haben wir schnell gefunden und wir gehen von Anfang an durch ein sehr schönes Waldgebiet. Zu Beginn gibt es nur einen mäßigen Anstieg und der Trail ist sehr einfach zu laufen.
So sieht ungefähr die erste Stunde des Weges aus, die dadurch relativ entspannt ist. Das ändert sich dann allerdings relativ schlagartig und ich frage mich, ob wir die gesamten Höhenmeter zwischen Alishan und dem Gipfel, gut 400 Höhenmeter, an einem Stück hochgehen. Von gestrigem Ausflug bereits bestens vorbereitet, handelt es sich wieder fast ausschließlich um Treppenstufen und möglicherweise entfährt mit der ein oder andere Fluch darüber, wie sehr ich Treppen doch gar nicht so mag.
Irgendwann nach gut 2,5-3 Stunden Weg, als die Bäume am oberen Ende der einsehbaren Treppenstufen Lichter werden, denke ich, dass ich wohl endlich angekommen sei. Leider ist das mehr Traumvorstellung wie Realität gewesen. Wahrscheinlich muss es einem in der Wüste ähnlich ergehen, wenn man sich Oasen einbildet. Nach noch mal acht weiteren Kurven, und den jeweils darauf folgenden lang gezogenen Treppen, sehe ich ein Haus am Ende der nächsten Treppe und beginne mich zu freuen! Endlich geschafft! Ich hüpfe wie ein junges Reh die letzten Treppenstufen hinauf, gehe um das Haus herum und ….
stehe vor der nächsten sehr, sehr lang gezogenen Treppe 🤯.
Dieses Mal schleiche ich die Treppe hoch und ein Vogel leistet mir Gesellschaft, der ganz langsam vor mir die Treppenstufe hochhüpft. Schon vom unteren Ende der Treppe sehe ich, dass am oberen Ende ein Antennenmast steht. Als ich näher komme, bemerke ich, dass sich auf der Treppe vor dem Mast eine Metallgittertür befindet, mit einem Schild und roter Schrift, auf dem irgendwas in Mandarin geschrieben steht. Mich beschleicht das unangenehme Gefühl, dass ich eine falsche Abzweigung genommen habe und nun in eine Sackgasse gelaufen bin, obwohl mir nicht klar ist, an welchem Punkt das geschehen ist.
Komplett entmutigt ziehe ich mich die letzten Stufen hoch und sehe, dass von unten, nicht einsehbar, die Treppe eine Kurve von knapp über 90° macht! Ich schaue um die Kurve und sehe…
dass ich endlich am Ende des Treppensteigens angekommen bin. Da ist der Gipfel!
Oben ist herrlicher Sonnenschein und bestes Wetter. Die Sonne fühlt sich sehr stark auf der Haut an und es ist sehr angenehm warm. Offensichtlich habe ich Glück und bin die erste Person der zweiten Welle. Es sind uns einige Wanderer bereits entgegengekommen, die alle – nach Rückfrage – zwischen 8 und 8:30 am Trail gestartet sind. Da Isa noch eine kurze Lesepause eingelegt hat, habe ich etwas Zeit und da kommt mir mein lieber Piepmatz wieder in Erinnerung, der mich hierhin begleitet hat. Ich hole mein Sandwich hervor, reiße ein bisschen Brotkruste ab und siehe da, er kommt wieder hervor. Ich lotse ihn näher zu mir und mache einige Fotos. Als Isa ankommt, fliegt der Piepmatz davon und wir machen in Ruhe ein paar Gipfelfotos.
Nach einer halben Stunde Pause und Picknick am Gipfel entschließen wir uns den Abstieg zu beginnen. An meinem Horrorhaus vom Aufstieg mache ich noch ein paar Schnappschüsse, bevor ich den Weg fortsetze. Der Weg bergab eröffnet mir wie üblich ganz neue Perspektiven und so können wir in einer anderen Kurve unseren Startpunkt entdecken, die Alishan Station, das Alishan Hotel und den Parkeingang.
Der Weg bergab geht natürlich deutlich schneller, aber ist auf Grund der vielen und vor allem steile Treppen doch sehr mühsam. Als wir nach einer Stunde an einer Weggabelung ankommen, beschließen wir die Alternativroute zurückzunehmen. Diese ist zwar etwas weniger sportlich, da weniger Treppen und Höhenmeter, aber dafür kann man entlang einer der stillgelegten Bahntrassen von Alishan laufen. Die heutige Bahn endet kurz hinter der Alishan Station. Früher ging die Bahn noch in zwei Richtungen weiter, teils über 10km. Dort wurden die Bahnen zum Rohstofftransport genutzt, vor allem um Bauholz für Konstruktionen im gesamten Taiwan zu gewinnen. Eine dieser Trassen kann man auch entlang laufen, den Mian Yue Trail. Leider haben wir hierfür aber kein Ticket mehr erhalten, weshalb wir uns mit der jetzigen, frei zugänglichen Bahntrasse abfinden müssen. Auch diese ist sehr schön, wenn auch ohne Tunnel und Brücken, aber wir genießen den Rückweg und ich mache viele Fotos.
Wieder am Ausgangspunkt angekommen, warten wir auf den nächsten Bus und nehmen diesen zurück zu unserem Hotel. Im Bus treffen wir noch auf Viki aus Darmstadt, die zweieinhalb Wochen alleine durch Taiwan reist, und wir unterhalten uns auf der einstündigen Rückfahrt. Ungünstigerweise fährt der Bus an ihrer Haltestelle vorbei und hält erst an der nächsten, da niemand gedrückt hat. Dadurch verlängert sich ihr Rückweg noch mal, da ihr Hotel sowieso schon 45 Minuten Fußweg bergauf auf dem Hang neben der Bushaltestelle liegt. Wir können dadurch von diesem Fehler lernen und steigen an der richtigen Haltestelle aus, ansonsten wären wir auch prompt dran vorbeigefahren.
Im Zimmer angekommen geht es erstmal duschen und dann eine Runde ausruhen. Eine halbe Stunde später stehe ich auf, um nochmal herauszugehen. Im Ort findet nämlich das jährliche Tempelfest statt und alle Lokalen haben sich dort versammelt. Die Leute sind sehr gastfreundlich und laden mich zum Essen dazu ein. Ich lehne aber ausnahmsweise dankend ab, denn das Essen wird 10m weiter, ebenfalls am Straßenrand zubereitet und mein Magen ist eher Zeisbrischer Natur, weshalb ich Bedenken bzgl. der Verträglichkeit habe. Dann gehe ich mit einem weinenden Auge weiter und probiere standhaft an die 1,5 Stunden Busfahrt sowie 4 Stunden Zugfahrt am nächsten Tag zu denken. Im Anschluss schaue ich mir noch eine Weile das Puppenspiel von 2 Personen an, welches sehr gut inszeniert ist, bevor ich noch zum lokalen Autofriedhof gehe.
Um 19 Uhr wollten Isa und ich dann eigentlich in das einzige andere Restaurant der Umgebung gehen, dass es neben dem Hot Pot Laden gibt und laut Google geöffnet hat. Gefunden haben wir es, die Besitzer waren auch da, diese hatten aber irgendwie keine Lust und haben keinerlei Gäste angenommen. Wieder mal ein Satz mit X hier auf dem Land. Wir gehen zu 7-Eleven und decken uns dort ein. Ein weiterer trostloser, kulinarischer Tag in einem Land, dass sonst eigentlich nur tolles Essen hat. Aus Verzweiflung gibt es dann zu späterer Stunde noch mal ein Eis aus der Tiefkühltruhe bei 7-Eleven
Wir probieren ansonsten früh ins Bett zu gehen, da wir am nächsten Tag erneut früh raus müssen und bereits einen langen Tag hatten. Unsere Nachbarn sind aber um 22 und 23 Uhr noch derart laut, dass schlafen fast unmöglich ist. Zusätzlich habe ich immer noch seit Mittag leichte Kopfschmerzen. Als ich darüber nachdachte, kam mir in den Sinn, dass ich an 3 Tagen hier in Taiwan Kopfschmerzen hatte. Kopfschmerzen hatte ich in Jiufen und an beiden Tagen in Alishan. Als Gemeinsamkeit ergibt sich hieraus, dass alle über 1500m liegen… scheinbar vertrage ich die Höhe nicht…. Ich nehme eine Tablette und kann endlich einschlafen. Es wird nur eine kurze Nacht, denn freundlicherweise knallen unsere Nachbarn um 4 Uhr die Tür derart, dass das ganze Haus wackelt. Um 6:30 das ganze Spielchen erneut und ich denke mir einfach nur was für ************. Die Nacht war entsprechend kurz und als wir morgens auschecken, checken ebenfalls die Nachbarn aus (es gibt hier nur 3 Zimmer). Quizfrage, woher kommen sie? Eine Gruppe deutscher Touristen….. immer wieder toll auf Landsleute zu treffen.
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