Am nächsten Tag bricht Isa früh auf, um nochmal zu Kiten. Ich schlafe gemütlich aus und mache mich nach dem Aufstehen ganz in Ruhe Richtung Westen der Stadt auf. Genauer gesagt in den Nantun District. Taichung hat noch drei teil-erhaltene, ursprünglich temporär angedachte Militärdörfer und eines dieser Dörfer liegt eben genau dort. Der noch übrige Teil des Dorfes wurde liebevoll von Huang Yung-Fu bemalt. Fu wurde 1924 in Hong Kong geboren und hat im Chinese Civil War (Bürgerkrieg) gekämpft und ist, wie viele mit ihm, nach dem verlorenen Krieg nach Taiwan geflohen. Dort wurden ebendiese Dörfer für die vielen Soldaten erbaut. Fu hatte sich vorgenommen diese Dörfer zu erhalten und als Kulturgut zu etablieren, als die meisten Dörfer von Investoren aufgekauft und entwickelt wurden. Dafür hat er sein künstlerisches Talent genutzt und das gesamte Dorf in ein Regenbogen Dorf verwandelt. Dort angekommen erkennt man direkt den farbenfrohen Klecks in den sonst üblichen weis, grau geprägten Stadtbildern. Besonders spannend ist, dass er wirklich alle Häuser und die gesamte Mauer von allen Seiten bemalt hat, auch die Seiten, die man nicht einsehen kann oder die Mauerseite, wo es nur einen 30cm breiten Durchgang gibt. Ich fand es sehr cool und in dem Dorf zu stehen macht einfach gute Stimmung, mit den kreativen und farbenfrohen Bildern und Tiermotiven!
Im Anschluss ging es weiter auf der kulturellen Reise. Bisher hatten wir vor allem taoistische Tempel angeguckt, weshalb nun ein buddhistischer folgt. Und zwar der Papa Chueh Tempel in der Innenstadt. Der soll auch eine große Besonderheit haben, nämlich mit 27m Höhe eine der größten, sitzenden Buddha Figuren der Welt. Der Buddha ist ganz cool, viel mehr gibt es hier ehrlicherweise aber auch nicht zu sehen. Deshalb hole ich mir erstmal in einer belebten Seitenstraße einen Papaya Milchshake.
Das nächste Ziel steht auch schon fest und es geht Radfahren. Allerdings muss ich zuvor auf Toilette und wie üblich ist die leichteste Methode für einen Toilettenzugang auch hier in Taichung McDonalds. Fünf Gehminuten entfernt ist der nächste an einer großen Kreuzung mit direktem Blick auf diese im zweiten Stock. Also einen Burger bestellt und im Anschluss die Toilette aufgesucht. Viel spannender ist es, als ich an der Tablettabgabe vorbeikomme, denn auch diese zeigt das regelkonforme und sehr ordentliche Verhalten der Taiwanesen. Hier werden zunächst die Getränkereste aus den wiederverwendbaren Bechern ausgegossen und gestapelt, bevor die Essensreste separat von der Papierverpackung und den Plastiklöffeln entsorgt wird.



Die Fahrradstrecke, die ich mir ausgesucht habe, liegt am nördlichen Rand des Stadtkerns ganz in der Nähe des New Nanyang Quartier 😄. Meine Uni in Singspore hieß Nanyang Technological University. Netter Zufall, der möglicherweise ja auch unterbewusst meine Entscheidung beeinflusst hat. Bei der Bikelane handelt es sich, wie bei der einen Fahrradstrecke in Waldeck, die ich mit Mama und Papa schon häufiger gefahren bin, um eine alte, stillgelegte Bahntrasse. Auch diese wurde sehr schön renoviert und ist insbesondere bei den Locals extrem beliebt. Es gibt ein paar Fahrradverleihe an den jeweiligen Enden und ich leihe mir dort ein Fahrrad aus. Auf derStrecke wurden mittlerweile auch schon viele Fressbuden aufgebaut und es herrscht viel Trubel. Die Fahrradstrecke selber ist absolut spektakulär und war die 30 minütige Taxifahrt absolut Wert! Es geht durch schöne Landschaften, aber die Highlights sind die alte Stahlbrücke über einen Fluss sowie der 1km lange Tunnel auf die andere Seite des Berges.
Das Fahrradfahren in der Sonne und der wunderschönen Landschaft war definitiv mein Tageshighlight und jeder der mal in Taichung ist, sollte es ausprobieren.
Während ich am Fahrradfahren bin, meldet sich Isa, dass sie fertig ist mit Kiten und sich auf den Rückweg begibt. Ich hatte den gleichen Taxifahrer von gestern gebeten, sie wieder dort um 17 Uhr abzuholen. Ich fahre die letzten 5km, gebe mein Bike zurück und bestelle quietschvergnügt ein Uber in die Stadt. Wir treffen uns am Hotel und ziehen direkt weiter, da wir beide hungrig sind. Erster Haltepunkt ist ein Dessertladen, der sich in einer alten Bank befindet. Wirklich sehr cool gemacht, da Tresortüren und die ursprünglichen Counter noch genutzt werden. Wir holen uns erstmal eine große Portion, sehr leckeres Eis.
Im Anschluss geht es weiter zum Bahnhof, denn auch hier zeigt sich, dass die Städteplaner von Taichung es mächtig drauf haben! Der alte Bahnhof, also das Hauptgebäude und zwei komplette Gleise wurden erhalten. Das Hauptgebäude ist ein Museum und die zwei Bahnsteige dienen für einen Markt. Auf dem einen Gleis steht einer alter, sehr cooler Zug aus Metall, in dem in jedem Wagon verschiedene Shops sind, auf dem anderen gibt es Tische und Bänke. Der neue Bahnhof liegt direkt hinter dem Alten und wurde super kombiniert. Insgesamt ist mir dieses Phänomen in der gesamten Stadt aufgefallen, dass hier viele schlaue, sinnvolle und coole Ideen verwirklicht wurden, die vor allem nutzbar sind und nicht nur gut aussehen. So haben die Locals auch wirklich etwas davon und die Stadt wird lebenswerter. In Taichung habe ich das Gefühl, dass Taipei zwar hübscher ist, Taichung aber die lebenswertere Stadt ist!
Nach dem Bahnhof ging es zum Essen. Heute stand die regionale Küche von Szechuan auf dem Plan, eine meiner Lieblingsregionen in China, was die Landesküche im Gesamten und nicht einzelne Gerichte betrifft. Szechuan Küche ist bekannt dafür sich nicht mit Szechuan Pfeffer, eine lokale deutlich schärfere Pfeffervariante, sowieso Chilis zurückzuhalten. Die Gerichte sind deshalb in der Regel scharf bis sehr scharf.
Ich habe eine nette Auswahl für uns bestellt sowie ein Bier zum Runterspülen. Auch der Inhaber des Ladens fand es cool, zwei Westlerinnen zu begrüßen, die kein Problem mit der Schärfe haben und gierig über die Gerichte herfallen.
So sehr, dass er direkt, nachdem das Bier leer ist, mit uns bei einem neuen Bier aufs Haus anstoßen möchte. Isa ist raus, da sie kaum Alkohol trinkt und so eine Einladung im Gesamten abzulehnen wäre unhöflich. Er füllt die Gläser und es wird angestoßen. Dabei ist es hier typisch nach dem Anstoßen das Glas auch zu leeren. Das dies auf Anhieb und ohne Erklärung klappt, begeisterte ihn umso mehr. Gut ist halt ein kleiner Cheat, wenn man in Singapore und Shanghai gewohnt hat. Ergo, möchte er nicht aufhören: eingießen, anstoßen und weitermachen. So geht das weiter bis die Flasche leer ist. Wohlgemerkt die Flaschengröße in China beträgt etwas über 600ml und eine hatte ich ja schon! Wieder mal kugelrund bekommen wir beide keinen Bissen mehr runter und zusätzlich bin ich jetzt gut angeheitert. Wir zahlen und gehen Richtung Hotel. Auf dem Weg kommen wir durch eine kleine Straße mit vielen Restaurants und entdecken coole Läden und auch Dessert Möglichkeiten. Als wir eigentlich schon aus der Straße raus sind, entschieden wir uns um, drehen wieder um und steuern den ausgewählten Dessertladen an. Dort teilen wir uns ein sehr leckeres Schokoladensoufflé. Zum Glück für uns gibt es ja den separaten Dessertmagen, der noch leer ist 😍!
Nun aber wirklich Richtung Hotel, war es ja vorher auch schon, aber dieses Mal ohne Zwischenstopp. Dachte ich… aaaaaber da tut sich noch ein cooles Fotomotiv auf, welches ich auch mitnehme.
Schließlich schaffen es wir es tatsächlich, irgendwie im Hotel anzukommen. Na gut, ein anderer Zwischenstopp wurde zwischendurch noch diskutiert, aber manchmal sind wir ja auch vernünftig. So nehmen wir den Fahrstuhl nach oben und gehen direkt ins Bett.
Am nächsten Tag geht es weiter nach Chiayi und in die Region Alishan, einer anderen Gebirgsregion und Teil einer Gebirgskette in zentral Taiwan.
[…] und fast wolkenfreier Tag ist, habe ich einen tollen Blick auf Taiwan. Was man hier sieht, ist Taichung, wo wir zu Beginn der Reise, direkt nach Taipei […]