Heute bin ich schon früh wach, um ca. 7 Uhr. Der Jetlag lässt also zumindest ein wenig grüßen. Ich schlummere noch bis 9 Uhr, bevor ich mich fertigmache und zum Auschecken begebe. Heute Nachmittag treffe ich mich mit Pallavi und Vanessa und möchte die Zeit in Salt Lake City vorher noch nutzen. Auf dem Programm stehen heute vor allem die Designkomponenten der Stadt. Ich hatte bereits viel über die Murals (Wandbilder) sowohl in Bezug auf Quantität und Qualität gelesen und auch schon einige gesehen. Allerdings habe ich die Highlights, die ich zuvor im Internet gesehen habe, bisher nicht vor der Linse gehabt. Deshalb begebe ich mich heute gezielter auf die Suche, nach den markierten Standorten von Murals. Da müssen dann schließlich auch die richtigen dabei sein. Ursprünglich hatte ich noch geplant ins Contemporary Arts Museum zu gehen, allerdings soll es laut aktueller Vorhersage nächste Woche Sonntag regnen, sodass ich mir das für den letzten Tag aufheben möchte.
Also auf geht es, mal schauen, welche Highlights ich heute finde!
Murals in Inner Downtown

Ich starte nördlich vom Hotel in Downtown und habe direkt Glück, ich finde direkt um die Ecke (eigentlich muss ich da schon vorbeigelaufen sein, wie konnte ich das nicht sehen!?) ein wirklich erstaunliches, tolles, qualitativ hochwertiges und größentechnisch absolut beeindruckendes Mural. Es ist mindestens 30m lang, gute 7m hoch und zeigt eine Hommage an die Utah Jazz, die Basketball Mannschaft von Salt Lake City, und soll die wichtigsten Elemente aus 40 Jahren Utah Jass enthalten. Das Motiv sowie die Ausgestaltung, finde ich, absolut phänomenal und toll gelungen. Angeblich hat der Künstler Trent Call übrigens nur 2 Wochen an dem Bild gemalt! Um das obige Foto zu machen, habe ich übrigens eine ganze Weile benötigt…
Direkt daneben an der Zion Bank gibt es ein weiteres, riesiges Mural, das 250 Frauen aus der Vergangenheit und Gegenwart, die aus Utah kommen, ehrt. Es wurde vom CEO der Zion Bank zum 150-jährigen Bestehen des Wahlrechts für Frauen in Utah in Auftrag gegeben. Ich glaube, dass Deutschland da scheinbar etwas hinterherhing…
In dem Zusammenhang habe ich mich gefragt, wieso die Bank Zion Bank heißt. Ich dachte, dass Zion ausdrücklich für Jerusalem und den Tempelberg steht, aber nach Recherche bedeutet es ebenfalls geheiligtes Land und wurde deshalb von den Mormonen so gewählt, die die Bank 1873 gegründet haben.
Open the door to the world of books

Als Nächstes habe ich in einem Innenhof ein Mural entdeckt, dass sich als mein persönliches Highlight und Lieblingsmural herauskristallisiert hat. Im Prinzip eine einfache Idee, eine Reihe von Büchern, die die Wand zu einem Bücherregal macht. Es gibt Buchrücken zu On the Road, Steppenwolf, The Wizard of Oz, Animal Farm, Gone with the Wind, The Grapes of Wrath, Harry Potter, The Scarlet Letter und noch weitere, meistens in einer Special Edition Variante. In Auftrag gegeben wurde es 2004 von einem Bücherladen, den es leider nicht mehr gibt, weshalb auch die Zukunft dieses Murals etwas unklar ist. Spannend ist jedoch, dass ursprünglich zwei Bücherreihen geplant waren. Auf Grund der Kosten hat der Buchladen, dies jedoch auf eine Reihe reduziert.
Ich finde die Umsetzung aber wirklich toll. Zum einen die überdimensionierte Darstellung und zum anderen auch der Ort, mit den Backsteinwänden, den der Künstler ausgesucht hat. Den Flair, den die Bücher verleihen, macht diesen Ort sehr wohnlich und ich genieße die Zeit 30 Minuten vor Ort aus allen Perspektiven ein paar Fotos zu schießen.
Murals in Central City – The Gateway
Als Nächstes geht es zu einem altbekannten Ort – the Gateway. Ihr kennt es bereits aus den letzten Berichten, auch heute war ich wieder hier. Es ist einfach ein sehr kreativer und inspirierender Ort und hat folglich auch Murals und viele Kunstinstallationen. The Gateway wurde um 2000 geplant, um Downtown Salt Lake City wiederzubeleben, das wie viele Downtowns in den USA in der damaligen Zeit einen eher zweifelhaften Ruf hatte. The Gateway hat wesentlich zur Wiederbelebung der Innenstadt von Salt Lake City beigetragen. Sein offenes Design und sein vielfältiges Angebot machen es zu einem beliebten Ort, an dem auch viele Events stattfinden. Deshalb liegt auch weiterhin ein Fokus darauf, dieses Gebiet zu fördern.
Murals in Westside

Nun geht es mit dem Scooter weiter nach Westside. Auf mich wirkt es wie ein Künstlerviertel, das sich gerade in der Gentrifizierung befindet. Ich sehe viele Gebäudeentwicklungsprojekte und an der Stelle von manchen noch eingezeichneten Murals befindet sich eine Baustelle. Dennoch kann ich einige sehr gute Murals entdecken. In diesem Stadtteile gibt es auch mehrere Installationen und selbst die Mülltonnen sind angemalt :).
Utah Capitol – mit einer Kuppel aus lokaler Bronze

Nachdem ich meine Mural Tour abgeschlossen habe und mir das Museum noch für nächste Woche aufheben möchte, entschließe ich mich spontan zum Capitol zu fahren, um zu schauen, ob ich auch ohne Anmeldung, wie auf der Website gefordert, Einlass erhalte. Das funktioniert auch auf Anhieb gut und der nette Securitymann sagt „na klar, kannst gerne auch sofort rein“. Er war wahrscheinlich froh, dass heute auch Besucher kommen statt nur Protestanten. Denn vor dem Capitol gab es eine große Demo gegen Donald Trump und seine Regierung mit vielen Teilnehmern. Darunter auch viele Mexican-American, die auch hier noch 20% der Bevölkerung ausmachen. Zum Vergleich, in LA und San Diego sind es jeweils ca. um die 30%.
Im Capitol gibt es zusätzlich im Erdgeschoss eine kleine historische Einführung über das Gebäude und Utah. Dabei lerne ich unter anderem, dass in Utah ebenfalls Teile von Pirates of the Caribbean gedreht wurden. Zum anderen eine Wye Ebene, eines der ältesten Nivelliergeräte, das für den Bau des Capitols genutzt wurde. Dafür wurde ein Teleskop mit geringer Leistung in Klemmhalterungen eingesetzt, und das Instrument wird dann mit einer Wasserwaage nivelliert, die parallel zum Hauptteleskop montiert ist.
Da wir hier heute über Design reden, kommen wir natürlich auch auf das Thema Flaggen zu sprechen…naja zumindest in diesem Fall. Denn Utah hat sich vor zwei Jahren dazu entschlossen, ihre Flagge neu zu gestalten. Vorausgegangen ist dem eine Umfrage, ob sich die Einwohner von Utah ausreichend durch ihre Flagge repräsentiert fühlen. Ich bin mir nicht sicher, ob bei so einer Frage das ursprüngliche Design wirklich eine Rolle spielt, da ich persönlich die Identifikation mit den wenigen, abstrakten Elementen auf einer Flagge mal zumindest anzweifeln würde. Vielleicht war aber auch gerade das beabsichtigt, denn die alte Flagge war wirklich keine Kunst der Ästhetik und hatte m.E. auch wenig Wiedererkennungswert. Daher finde ich die neue, deutlich aufgeräumte Flagge durchaus besser, um bei erneuter Sichtung eine Wiedererkennung hervorzurufen. Der Bienenstock soll übrigens nicht symbolisieren, dass Utah ein hervorragender Honiglieferant ist. Ganz im Gegenteil, es soll zum ersten die Gemeinschaft und Kollaboration der Einwohner aufzeigen und zum zweiten mit den Bienen dafür stehen, dass die positiven Eigenschaften ausschwärmen und sich verbreiten.
Im Inneren des Capitols wurde auf jeden Fall nicht gespart, als es schließlich 1911 gebaut wurde. Denn zunächst gab es Finanzierungsprobleme, die erst gelöst wurden, als der lokale Railroad Tycoon Edward H. Harriman gestorben ist und ein Vermögen von $16 Millionen an seine Frau hinterließ. Das sind heutzutage, nach Inflation, übrigens umgerechnet so schlappe $520 Millionen. Denn auf diesen Betrag musste die Ehefrau 5% Erbschaftssteuer zahlen und es waren genau diese $800.000 mit denen schlussendlich das Capitol finanziert werden konnte. Im Inneren wurde nur hochwertige Materialien verbaut und es ist wirklich sehr schön geworden. Wenig überraschend ist ein beliebter Photospot, auch für Hochzeitsphotos. Auch mir huscht ein Brautpaar durchs Bild. Besonders cool ist, dass es auf der Toilette hier im Capitol auch kostenlose am Spender Tampons und Binden gibt, sehr ungewöhnlich für die USA.
Fazit – Ist denen hier nicht kalt
Im Anschluss geht es für mich zurück zum Hotel, da Vanessa und Pallavi mittlerweile gelandet sind. Nachdem ich eingesammelt wurde, fahren wir weiter Richtung Park City und zu unserem dortigen AirBnB, also unserer Mietwohnung. Als wir ankommen ist es bereits dunkel, wir laden aus und nach einem kurzen Nap geht es zum Essen. Auf dem Rückweg halten wir noch bei Walmart und kaufen ein paar Lebensmittel ein, bevor es schlussendlich ins Bett geht. Es war ein langer Tag und ich bin wirklich müde.
Aber eine Sache beschäftigt mich dennoch. Es ist mir bereits am ersten Abend in Salt Lake aufgefallen, dass mir in den 2 Stunden 3 Mädels mit Miniröcken (ohne Strumpfhose) und 2 in Shorts/fast Hotpants begegnet sind. Auf einem Foto von gestern seht ihr auch zwei andere Mädels im Minirock auf der Straße, ich habe es unten noch mal kopiert. Auch heute sind mir wieder viele mit nackten Beinen oder Shirts begegnet und als sich die Gelegenheit bot, habe ich mal ein Bild gemacht. Ich weise noch mal darauf hin, wir sind auf 1300m über nN und haben ca. 4 Grad. Da frage ich mich doch: IST DENEN NICHT KALT?!?!
PS: Ich hatte natürlich ein Unterzieh-Shirt, Pulli, Wintermantel, dicken Wollschal sowie Handschuhe…
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